Durch ihre Lebensweise waren meine Vorfahren immer von Teppichen umgeben. Die Teppiche begleiteten sie von Geburt an bis zum Tod. Sie bedeuteten Wärme, Schönheit und Schutz.
So habe ich die Teppiche als Gestalten meiner Ahnen wahrgenommen. Jeder Teppich ist ein geschlossener Kreis, mit dem Wesen eines Vorfahren, seiner Besonderheit, dem Unbekannten, das man trotzdem weiss. Meine Imagines – die Vorstellungsbilder meiner Ahnen, die in meinem Unbewusstsein leben. Gleichzeitig bin ich auch eine Imago, die meine Vorfahren sich vorstellten. Ich schaue in mich hinein und suche nach den Spuren, nach dem, was in mir weiterlebt.
Die Wolle ist ein Material, dem man sehr gut zuhören kann. In dem Zuhören und dem Gespräch war das Benutzen von chemischen Farben unmöglich. Deshalb habe ich die Wolle für diese Teppiche mit Pflanzenfarben gefärbt.
Weil das Leben meiner Vorfahren mit den Traditionen Zentralasiens tief verbunden war, habe ich die Grundlagen von traditionellen zentralasiatischen Teppichen genommen: die bestimmte Art von Ornamenten, Komposition, Gleichgewicht, Symmetrie und Wiederholungen.
Die Filzteppiche sind in der Ala-Kiyiz-Technik gemacht. Da werden die Muster direkt in die Filzunterlage eingewalkt und nicht zusammengenäht. Während des Walkens fangen die Muster an zu tanzen, die Konturen verschieben sich und die Umrisse werden nicht so klar, wie in der Shirdak-Technik, in der die Muster zusammengenäht werden.
Bei Ala-Kiyiz lässt der Künstler der Wolle eine gewisse Freiheit. Eine Interaktion, in der der Künstler das Ergebnis nicht komplett kontrollieren kann. Das wurde früher als ein Nachteil angesehen und deshalb hatten Ala-Kiyiz-Teppiche einen kleineren Wert. Diese Besonderheit hat mich interessiert.
Saima, Suleikha, Khalit, Schamseruy, Nagimullah, Schikhabutdin….
Ich mag es, die Namen im Stammbaum zu betrachten. Und Namen, die nicht aufgeschrieben sind. Die Teppiche sind eine Art von einer anderen Dimension, in der unterschiedliche Zeitebenen, Ereignisse und Erlebnisse gleichzeitig existieren.
Der Teppich ist fertig.
„Hart wie Knochen,
Weich wie Watte,
Glatt wie Eis,
Leicht wie Feder“